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Das enge, schwierige Verhältnis zwischen den USA und Israel

6. Oktober 2024

In der Gewaltspirale in Nahost bleiben die USA Israels "eiserner" Unterstützer. Experten glauben, Washington könne sogar in einen Krieg mit dem Iran eintreten. Das Thema könnte den Ausgang der US-Wahlen beeinflussen.

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US-Präsident Joe Biden (rechts) schüttelt die Hand des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu im Oval Office
Bei seinem Besuch in den USA im Juli betonte Netanjahu, dass Washington Israels wichtigster Partner seiBild: Susan Walsh/AP Photo/picture alliance

Bei einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten hat US-Präsident Joe Biden Israel abermals die Unterstützung der USA zugesichert. Auf der Social-Media-Plattform X schrieb er: "Ich habe das eiserne Bekenntnis der Vereinigten Staaten zur Sicherheit Israels bekräftigt."

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der darauf folgenden Militäroperation der israelischen Armee im palästinensischen Gazastreifen hat sich die Gewaltspirale im Nahen Osten immer weitergedreht. Seither sind in Gaza nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 40.000 Palästinenser getötet worden.

Der Terrorangriff, der den Nahen Osten veränderte

Derzeit kämpft Israel sowohl gegen die Hamas im Gazastreifen, als auch gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon. Beide werden von Deutschland, den USA und weiteren Staaten als Terrororganisationen betrachtet. Und beide werden in ihrem Kampf gegen Israel vom Iran unterstützt, der jüngst einen massiven Raketenangriff auf Israel verübte - als Vergeltung für die Tötung von Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah. Israel hat nun seinerseits Vergeltungsmaßnahmen angekündigt, die der Iran nach eigenem Bekunden wiederum kontern würde.

Die schwierige Beziehung zwischen Biden und Netanjahu

Das Vorgehen von Premierminister Benjamin Netanjahu ist auch im eigenen Land nicht unumstritten. Viele befürchten, dass er mit seinem harten Kurs das Leben der rund 100 israelischen Geiseln, die noch von der Hamas festgehalten werden, aufs Spiel setzt. Auch aus den USA kommt Kritik. Israels wichtigster Verbündeter hat immer wieder darauf gedrängt, zivile Opfer zu vermeiden und mehr Hilfsgüter nach Gaza zu lassen. Gleichzeitig sind die USA mit Abstand Israels größter Waffenlieferant.

Eine Menschenmenge, teils sitzend mit vielen israelischen Staatsflaggen
Die Israelis protestieren gegen Netanjahus Umgang mit der Krise bei großen Versammlungen wie dieser in Tel Aviv im SeptemberBild: Mostafa Alkharouf/Anadolu/picture alliance

Dass Washington, wie von Biden bekräftigt, fest an Israels Seite stehe, bedeute nicht, dass der US-Präsident ebenso an Netanjahus Seite stehe, meint Jonathan Panikoff, Direktor der Scowcroft Middle East Security Initiative beim Washingtoner Think Tank Atlantic Council: "Es ist wichtig, die Beziehung von Präsident Biden zum Staat Israel von der zu Premierminister Netanjahu zu unterscheiden", sagt er der DW. "Biden hat seit Jahren ein sehr wechselhaftes Verhältnis zu Netanjahu. Aber sein Engagement für Israel und Israels Sicherheit ist unerschütterlich."

US-Vertrauen in Israel "erheblich geschwächt"

Dieses Engagement, so Panikoff, habe sich in vollem Umfang gezeigt, als die USA Israel am Dienstag halfen, den Raketenangriff des Iran abzuwehren. Gleichzeitig sei die Regierung Biden "frustriert über die Entscheidungsfindung von Premierminister Netanjahu", sagt der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Panikoff. Als Beispiel nennt er die Ermordung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah durch Israel.

Israels arabische Gemeinschaft fürchtet Kriegseskalation

"Das persönliche Vertrauen zwischen Biden und Netanjahu ist nicht sehr groß", sagt auch William Wechsler, ebenfalls Nahostexperte beim Atlantic Council. Vergangene Woche noch hätten die USA darauf hingearbeitet, einen 21-tägigen Waffenstillstand an der israelisch-libanesischen Grenze mit der Hisbollah auszuhandeln. "Sie unterhielten sich täglich mit den Israelis über diese Idee - aber während sie diese Gespräche führten, planten die Israelis die Operation zur Tötung Nasrallahs." Der Biden-Regierung habe man davon nichts erzählt, sagt Wechsler. "Was an Vertrauen da war, wurde durch diese jüngste Erfahrung erheblich erschüttert."

Verwicklung der USA in einen möglichen Nahostkrieg

Nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel am Dienstag sagte Netanjahu: "Der Iran hat heute Abend einen großen Fehler gemacht - und er wird dafür bezahlen." Beobachter befürchten, Israel werde zur Vergeltung Raketen auf Ziele im Iran abfeuern. Dies könne eine weitere Eskalation der Kämpfe im Libanon nach sich ziehen und zu einem groß angelegten Krieg mit katastrophalen Folgen für die Region und darüber hinaus führen.

Wechsler zufolge könnte ein solcher Krieg bedeuten, dass die Hisbollah Hunderttausende von Raketen auf Israel abfeuern und damit das berühmte Luftabwehrsystem des Landes überwinden könnte. Gleichzeitig, so Wechsler, könnte der Iran Israel wohl mit so vielen Raketen angreifen, dass auch die in Israel stationierte US-Luftabwehr überfordert wäre.

Iron Dome & Co.: Wie Israel sich vor Raketenattacken schützt

Ein Krieg könne auch bedeuten, "dass Israel versucht, beiden Angriffen zuvorzukommen, indem es versucht, eine große Anzahl Waffen auszuschalten". Dabei würde es allerdings unzählige Unschuldige in Gefahr bringen, in deren Häusern und Wohnvierteln die Hisbollah ihre Waffen verstecke, so Wechsler.

Wenn es zu einer solchen Eskalation käme, würden sich die Vereinigten Staaten höchstwahrscheinlich einmischen, vermutet Wechsler, "und sei es nur, weil viele Amerikaner in Gefahr wären: Amerikaner, die in Israel leben, amerikanische Soldaten auf unseren Stützpunkten in der Region, amerikanische Verbündete in anderen Teilen der Golfregion."

US-Unterstützung für Israel könnte Harris Stimmen kosten

In den USA könnte die Eskalation in Nahost sich auch auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen auswirken. Zwar messen die meisten Wähler der Innenpolitik eine größere Rolle bei als Außenpolitik. Wie wichtig vielen - vor allem demokratischen - Wählern aber die Haltung der USA gegenüber Israel ist, haben die pro-palästinensische Proteste an vielen US-Universitäten im letzten Frühjahr gezeigt.

Zu sehen sind vor allem mehrere Plakate mit den Slogans "End all US aid" und "Lift the siege on Gaza", dahinter mehrere Demonstranten
"Alle US-Hilfen beenden" und "Belagerung von Gaza aufheben", forderten diese Teilnehmer einer pro-palästinensischen Demonstranten an der Columbia Universität in New York im April 2024Bild: Jimin Kim/ZUMA Wire/IMAGO

In Michigan, einem Bundesstaat mit bedeutendem arabischstämmigem Bevölkerungsanteil, enthielten sich mehr als 100.000 Demokraten bei den Vorwahlen, anstatt für Joe Biden (der damals noch kandidierte) zu stimmen. Die Initiative dazu kam von Gegnern der Israel-Politik der aktuellen Regierung.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 gewann Biden in Michigan nur mit 154.000 Stimmen Vorsprung. Auch in anderen Swing States könnte es knapp werden. Panikoff hält es für denkbar, dass die Israel-Unterstützung ihrer Regierung Kamala Harris so viele Stimmen kosten könnte, dass es den Wahlausgang zu Gunsten von Donald Trump beeinflussen könnte.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker